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Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über das Kirchenaustrittsverfahren
Vom 2. Dezember 2024
(GABl. S. 811)
INHALTSÜBERSICHT
1 | Allgemeines |
2 | Religionsgemeinschaften |
3 | Persönliche Voraussetzungen der austrittswilligen Personen |
3.1 | Geschäftsfähige Personen und Vertretung |
3.2 | Betreute Personen |
3.3 | Minderjährige Personen |
3.4 | Ausländische Staatsangehörige |
4 | Zuständige Stelle |
5 | Austrittserklärung |
5.1 | Bestimmtheit |
5.2 | Wirksamkeit |
5.3 | Austrittserklärung zur Niederschrift |
5.4 | Datenschutz |
5.5 | Erklärung in öffentlich beglaubigter Form |
5.6 | Bestätigung der Austrittserklärung |
5.7 | Formulare |
6 | Mitteilungen an die Religionsgemeinschaft und andere Behörden |
6.1 | Mitteilung an die Religionsgemeinschaft |
6.2 | Mitteilung an die Meldebehörde |
6.3 | Form der Mitteilung |
7 | Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft |
8 | Aufbewahrung der Austrittserklärungen |
9 | Gebühren |
10 | Inkrafttreten, Außerkrafttreten |
1 | Allgemeines |
Jeder hat das Recht, aus einer Religionsgemeinschaft, unbeschadet eines anderweitigen Verständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft, mit bürgerlicher Wirkung auszutreten (§ 26 Absatz 1 Satz 1 des Kirchensteuergesetzes – KiStG –)3#. Die Austrittserklärung ist beim zuständigen Standesamt persönlich zur Niederschrift abzugeben oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Sie darf keine Bedingungen oder Zusätze enthalten (§ 26 Absatz 1 Satz 2 KiStG)4#. | |
2 | Religionsgemeinschaften |
2.1 | Religionsgemeinschaften im Sinne von § 26 KiStG5# und im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Die Regelungen für die Religionsgemeinschaften gelten nach § 29 KiStG6# entsprechend für die Weltanschauungsgemeinschaften, sofern diese Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. |
2.2 | Die Verleihung der Körperschaftsrechte an weitere Religionsgemeinschaften im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift wird vom Kultusministerium im Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg bekannt gegeben. |
2.3 | Die Kirchen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften in Baden-Württemberg mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 5 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind in der Anlage 1 aufgeführt. |
3 | Persönliche Voraussetzungen der austrittswilligen Personen |
3.1 | Geschäftsfähige Personen und Vertretung |
Die Austrittserklärung ist eine höchstpersönliche Willenserklärung, die von jeder volljährigen und geschäftsfähigen Person abgegeben werden kann. Die Erklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter ist nicht zulässig. | |
3.2 | Betreute Personen |
Die Betreuerin oder der Betreuer kann den Austritt nicht für die betreute Person erklären. Die betreute Person kann den Austritt selbst erklären, sofern sie hierfür nach der Beurteilung des Standesbeamten oder der Standesbeamtin über ausreichende Geschäftsfähigkeit verfügt. | |
3.3 | Minderjährige Personen |
3.3.1 | Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung (KErzG)7# findet Anwendung. |
3.3.2 | Ein Kind, dass das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, gibt die Austrittserklärung, ohne dass es der Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters bedarf, selbst ab, es sei denn, es ist geschäftsunfähig. Eine Vertretung durch die gesetzlichen Vertreter ist ausgeschlossen. |
3.3.3 | Für Kinder unter 14 Jahren erklären die gesetzlichen Vertreter, in der Regel die personensorgeberechtigten Eltern, den Austritt. Haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht, können sie den Kirchenaustritt des Kindes nur gemeinsam erklären. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, bedarf die Austrittserklärung der ausdrücklichen Zustimmung des Kindes. |
3.3.4 | Steht das Sorgerecht für das Kind einem Vormund oder einer Pflegerin beziehungsweise einem Pfleger allein zu, kann diese Person den Austritt für das Kind nicht erklären (§ 3 Absatz 2 Satz 5 KErzG)8#. |
3.4 | Ausländische Staatsangehörige |
Das Austrittsrecht steht in gleicher Weise ausländischen Staatsangehörigen zu. Dies gilt unabhängig davon, ob die Austrittserklärung nach dem Heimatrecht des ausländischen Staatsangehörigen wirksam wird. | |
4 | Zuständige Stelle |
4.1 | Zuständig für die Beurkundung der Austrittserklärung und die Entgegennahme der öffentlich beglaubigten Austrittserklärung ist das Standesamt, in dessen Bezirk die austrittswillige Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Unter mehreren hiernach zuständigen Standesämtern hat die austrittswillige Person die Wahl. |
4.2 | Personen, die ins Ausland verzogen sind und im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen nach § 3 Absatz 1 KiStG9# nicht der Kirchensteuerpflicht. Dieser Personenkreis hat ebenfalls das Recht, gemäß § 26 KiStG10# aus der Religionsgemeinschaft auszutreten. Zuständig ist das Standesamt, bei dem die austrittswillige Person zuletzt ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Unter mehreren hiernach zuständigen Standesämtern hat die austrittswillige Person die Wahl. |
4.3 | Eine schriftliche Austrittserklärung, die bei einem unzuständigen Standesamt eingeht, wird unverzüglich an das zuständige Standesamt weitergeleitet. |
5 | Austrittserklärung |
5.1 | Bestimmtheit |
Die Austrittserklärung muss den Willen der erklärenden Person eindeutig erkennen lassen. Der Austritt darf keine Bedingung oder sonstigen Zusätze, wie Einschränkungen oder Vorbehalte, enthalten. Wer aufgrund staatlicher Vorschriften aus einer Religionsgemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts austreten will, darf seine Erklärung nicht auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts unter Verbleib in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft beschränken. | |
5.2 | Wirksamkeit |
Die Austrittserklärung ist mündlich oder schriftlich abzugeben. Über die mündliche Erklärung ist eine Niederschrift aufzunehmen; die schriftliche Erklärung muss öffentlich beglaubigt sein. | |
5.3 | Austrittserklärung zur Niederschrift |
5.3.1 | Über die mündliche Austrittserklärung nimmt der Standesbeamte oder die Standesbeamtin die Niederschrift erst auf, nachdem er oder sie sich der Identität der erschienenen Person und deren Erklärungsberechtigung vergewissert hat. Die Kirche, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, aus der die erklärende Person austreten will, muss eindeutig bezeichnet sein. Der Nachweis der Zugehörigkeit ist nicht erforderlich. Außer in den Fällen der Nummer 5.3.4 ist für jede Austrittserklärung eine gesonderte Niederschrift aufzunehmen. |
5.3.2 | Die Niederschrift enthält folgende Angaben:
Mit dem Einverständnis der austrittswilligen Person wird gegebenenfalls auch der Geburtsname, sowie der Ort, an dem die Mitgliedschaft begründet wurde, zum Beispiel der Ort der Taufe, in die Niederschrift aufgenommen, wenn er bei der Niederschrift benannt wurde. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin prüft nicht, ob die Angabe zum Ort der Begründung der Mitgliedschaft zutreffend ist. |
5.3.3 | Die zur Niederschrift abgegebene Austrittserklärung wird mit der eigenhändigen Unterzeichnung der Niederschrift durch die austrittswillige Person wirksam. Vor der Unterschrift ist die Niederschrift der austrittswilligen Person vorzulesen und von ihr zu genehmigen. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin hat dies in der Niederschrift festzustellen und diese ebenfalls zu unterschreiben und mit Dienstsiegel zu versehen. |
5.3.4 | Ehegatten, Lebenspartner sowie Eltern und Kinder können sich in derselben Urkunde erklären, wenn sich der Austritt auf dieselbe Religionsgemeinschaft bezieht. |
5.4 | Datenschutz |
Die austrittswillige Person ist gemäß Artikel 13 ff. der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG – Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – in Bezug auf die Datenverarbeitung zu informieren. In der Niederschrift ist zu vermerken, dass die datenschutzrechtliche Unterrichtung vorgenommen wurde. | |
5.5 | Erklärung in öffentlich beglaubigter Form |
5.5.1 | Wird eine Austrittserklärung schriftlich erklärt, ist die Unterschrift der erklärenden Person von einem Notar zu beglaubigen; wird die Austrittserklärung in elektronischer Form abgefasst, ist die qualifizierte elektronische Signatur des Erklärenden von einem Notar öffentlich zu beglaubigen (§ 129 des Bürgerlichen Gesetzbuches). |
In Baden-Württemberg ist die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift auf einer schriftlichen Austrittserklärung zudem durch Ratschreiber möglich. Durch Bestimmung des Bürgermeisters kann jede Gemeinde einen oder mehrere Ratschreiber bestellen (§ 35b Absatz 1 Landesgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit – LFGG). Ein solcher Ratschreiber ist nach § 35b Absatz 2 LFGG befugt, die vor ihm vollzogene oder anerkannte Unterschrift unter einer Kirchenaustrittserklärung öffentlich zu beglaubigen, die anschließend dem für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Austretenden zuständigen Standesbeamten einzureichen ist. Da sich die Beglaubigungsbefugnis des Ratschreibers auf die Vornahme der öffentlichen Beglaubigung beschränkt, ist die Austrittserklärung von dem Austretenden selbst zu formulieren. Im Falle einer Ratschreiberbestimmung sind von der Gemeinde die Mitteilungspflichten nach § 35b Absatz 4 und § 35a Absatz 2 Satz 3 LFGG zu beachten. | |
Für im Ausland lebende Personen, die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist eine Beglaubigung der Unterschrift durch die zuständige konsularische Vertretung zulässig. | |
Daneben sind keine weiteren Urkundspersonen befugt, die Unterschrift der Austrittserklärung zu beglaubigen. | |
5.5.2 | Geht beim Standesamt eine öffentlich beglaubigte Austrittserklärung ein, so wird auf der Erklärung deren Eingangstag vermerkt. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin prüft die Vollständigkeit der Angaben über die Person, die Erklärungsberechtigung, die Eindeutigkeit der Austrittserklärung, insbesondere das Nichtvorhandensein unzulässiger Bedingungen oder Zusätze sowie die Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Beglaubigung. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin veranlasst etwa notwendige Ergänzungen. |
5.5.3 | Die in öffentlich beglaubigter Form eingereichte Austrittserklärung wird mit ihrem Eingang bei dem zuständigen Standesamt wirksam. |
5.6 | Bestätigung der Austrittserklärung |
5.6.1 | Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin bescheinigt der ausgetretenen Person den Austritt. Die Bescheinigung über den Austritt ist mit der Unterschrift des Standesbeamten oder der Standesbeamtin und dem Dienstsiegel zu versehen. |
5.6.2 | Im Fall eines mündlich erklärten Austritts kann als Bescheinigung eine beglaubigte Abschrift der Niederschrift verwendet werden, die mit dem Zusatz »Mit dieser Erklärung ist der Austritt wirksam geworden« versehen ist. |
5.6.3 | Ist die Austrittserklärung schriftlich wirksam zugegangen, hat die Bescheinigung die unter Nummer 5.3.2 aufgeführten Angaben sowie die entsprechenden Angaben über die von der Erklärung erfassten minderjährigen Kinder zu enthalten. Die Angaben über den Ort, an dem die Mitgliedschaft begründet wurde, werden nur in die Bescheinigung aufgenommen, soweit sie bekannt sind. Als Bescheinigung kann eine beglaubigte Abschrift der öffentlich beglaubigten Austrittserklärung verwendet werden, die mit dem Zusatz: »Mit dem Eingang der öffentlich beglaubigten Austrittserklärung am [einsetzen: Datum] ist der Austritt wirksam geworden« versehen ist. |
5.7 | Formulare |
Für die Niederschrift wird die Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster der Anlage 2, für die beglaubigte Abschrift die Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster der Anlage 3 empfohlen. | |
6 | Mitteilungen an die Religionsgemeinschaft und andere Behörden |
6.1 | Mitteilung an die Religionsgemeinschaft |
Das Standesamt teilt den Austritt der für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der ausgetretenen Person zuständigen Kirchengemeinde oder Religionsgemeinschaft unverzüglich mit. Die Mitteilung kann auch an eine von der Religionsgemeinschaft zu benennende Verwaltungsstelle erfolgen. | |
6.2 | Mitteilung an die Meldebehörde |
Das Standesamt teilt den Austritt der Meldebehörde mit (§ 26 Absatz 3 KiStG)11#. | |
6.3 | Form der Mitteilung |
Die Mitteilung erfolgt durch Übersendung einer beglaubigten Kopie der Niederschrift über die mündliche Austrittserklärung oder im Fall einer schriftlichen Austrittserklärung durch Übersendung einer beglaubigten Kopie der Bestätigung. | |
7 | Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft |
Der Übertritt von einer Religionsgemeinschaft in eine andere ist in § 26 Absatz 4 KiStG12# abschließend geregelt. Auf die Vereinbarung über den Übertritt im Bereich der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg13#, die im Internet unter dem Link: http://www.kirchenrecht-wuerttemberg.de/document/17163 einsehbar ist, wird verwiesen. | |
8 | Aufbewahrung der Austrittserklärungen |
Die Austrittserklärungen sind 30 Jahre lang nach ihrem zeitlichen Anfall geordnet in besonderen Sammelakten aufzubewahren. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Austrittserklärungen dem zuständigen Archiv anzubieten. | |
9 | Gebühren |
Die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen der Standesbeamten und Standesbeamtinnen im Austrittsverfahren richtet sich nach §§ 2 und 11 des Kommunalabgabengesetzes. Danach können Gemeinden für öffentliche Leistungen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vornehmen, auf der Grundlage einer Satzung Gebühren erheben. | |
10 | Inkrafttreten, Außerkrafttreten |
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2025 in Kraft und am 31. Dezember 2031 außer Kraft. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten tritt die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über das Kirchenaustrittsverfahren vom 8. Dezember 2017 (GABI. S. 618)14# außer Kraft. |
Anlage 1: | Verzeichnis der Kirchen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften in Baden-Württemberg mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 140 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 137 Absatz 5 Weimarer Reichsverfassung (WRV) |
Anlage 2: | Kirchenaustrittserklärung |
Anlage 3: | Kirchenaustrittserklärung – Beglaubigte Abschrift |
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14 ↑ Red. Anm.: Elektronisch im Archiv unter Nr. 105a_Archiv verfügbar.
14 ↑ Red. Anm.: Elektronisch im Archiv unter Nr. 105a_Archiv verfügbar.