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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:19.03.2004
Aktenzeichen:VG 07/03
Rechtsgrundlage:§ 15 Abs. 1 Württ. Kirchenbeamtengesetz
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Abordnung eines kirchlichen Beamten, Dienstliches Bedürfnis, Ermessen, Spannungsverhältnis, Wegabordnung und Zuabordnung, amtsentsprechende Tätigkeit

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 19. März 2004

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Leitsatz:

  1. Der Oberkirchenrat kann das Verfahren von Amts wegen einleiten, die Mitwirkung weiterer Stellen ist nicht durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben.
  2. Ein dienstliches Bedürfnis für die Wegabordnung genügt, ein dienstliches Bedürfnis auch für die Zuabordnung ist für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht zwingend notwendig.
  3. Das dienstliche Bedürfnis wird grundsätzlich als unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum verstanden.
  4. Bei Vorfragen, die das dienstliche Bedürfnis prägen, kann dem Dienstherrn für verwaltungspolitische und sonstige wertende Einschätzungen ein Beurteilungsspielraum zustehen (sog. Faktorenlehre).
  5. Einzelfall einer verwaltungspolitischen Entscheidung. Mangels Rechtsfehlers kann insoweit dahingestellt bleiben, ob dem Kläger ein subjektives Recht auf fehlerfreie Entscheidung zusteht.
  6. Zur Ermessensausübung bei einem Spannungsverhältnis.
  7. Auch eine versetzungsvorbereitende Abordnung kann eine „vorübergehende Abordnung“ im Sinne von § 15 Abs. 1 Württ. Kirchenbeamtengesetz sein.
  8. Die Abordnung eines Kirchenbeamten erfordert die Zuweisung einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit, nicht jedoch eines gleichwertigen Amtes wie bei einer Versetzung.
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Az: VG 07/03
In der Verwaltungsrechtssache
Herr ...
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Abordnung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Erika Schlatter als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Christian Kohler als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2004 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Der 1957 geborene, verheiratete Kläger steht als Kirchenoberverwaltungsrat im Dienste der Beklagten, er ist Dipl.-Verwaltungswirt (FH). Der Kläger wurde zum Februar 1989 zum kirchlichen Amtsrat bei der Evangelischen Akademie … ernannt und in das Kirchenbeamtenverhältnis auf Probe übernommen. Zum 1. August 1989 wurde er in das kirchliche Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. Dezember 1999 wurde er zum Kirchenverwaltungsrat ernannt, zugleich wurde ihm die Stelle des Geschäftsführers der Evangelischen Akademie … übertragen. In dieser Funktion wurde er zum 9. September 2002 zum Kirchenoberverwaltungsrat (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) ernannt.
Gemäß der Ordnung der Evangelischen Akademie … vom 19. Juli 1983 wird die Akademie vom Geschäftsführenden Direktor und zwei weiteren Direktoren mit je eigenem Aufgabenbereich geleitet. Die Leitungsaufgabe nach innen wird vom Geschäftsführenden Direktor, den zwei weiteren Direktoren und dem Geschäftsführer gemeinsam wahrgenommen. Bei der Akademie ist ein Kuratorium gebildet, das u. a. bei der Besetzung der Stellen der Leitungsmitglieder mitwirkt und das die Akademieleitung insbesondere im Blick auf die grundsätzliche Ausrichtung der Akademiearbeit und bei sonstigen Fragen und Entscheidungen von größerer Bedeutung berät.
Zum 15. Juli 2001 trat Frau H. ihren Dienst als Direktorin der Akademie an. Schon kurz nach Dienstantritt von Frau H. ergaben sich Probleme bei der dienstlichen Zusammenarbeit zwischen dieser und den übrigen Mitgliedern der Direktion sowie dem Geschäftsführer.
In seiner 40. Sitzung am 14./15. Dezember 2001 fasste das Kuratorium der Evangelischen Akademie … u. a. folgenden Beschluss: „Das Kuratorium nimmt zum Wunsche der anderen Direktionsmitglieder auf Auflösung des Dienstvertrages mit Frau H. in der Probezeit wie folgt Stellung:
  1. Das Kuratorium bittet den OKR, das Arbeitsverhältnis von Frau H. in der Probezeit nicht aufzulösen. Es geht aus der Sicht des Kuratoriums um Fragen, die die Direktion als Ganzes betreffen.
  2. … Es wird eine Organisationsberatung empfohlen.
  3. Das Vorgehen des Geschäftsführenden Direktors in Sachen Zusammenarbeit mit einem neuen Direktionsmitglied wird vom Kuratorium beanstandet. Die Berichte von OKR Baur und dem Vorsitzenden des Kuratoriums, Bauch, machten deutlich, dass aus deren Sicht ein ernsthafter Versuch der Zusammenarbeit mit dem neuen Direktionsmitglied, Frau H., nicht gemacht wurde. …“
Ab Frühjahr 2002 wurde für die Direktion der Evangelischen Akademie … eine Organisationsberatung durch die Firma TELOS GbR durchgeführt. In einer zum 30. Juli 2002 von der TELOS erarbeiteten Bestandsaufnahme, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wurden die im Einzelnen beschriebenen Ergebnisse als Phänomene des Umbruchs verstanden, in dem sich die Akademie seit 1996 befinde. Am 19. November 2002 fand ein Auswertungsgespräch der Organisationsberatung statt, an dem die erweiterte Leitung der Akademie, Mitglieder des Oberkirchenrats und der Vorsitzende des Kuratoriums teilnahmen. In einem von der TELOS abgefassten Schreiben „Anmerkungen zum Gespräch am 19. November 2002“ wurde u. a. festgehalten: „Während Frau H. an weiterer Zusammenarbeit interessiert war, wurde von den übrigen … deutlich gemacht, dass sie nach einem Jahr erfolgloser Bemühungen keine Möglichkeit sehen, noch zu einer Zusammenarbeit mit Frau H. im Direktorium zu finden. Nach Einschätzung von TELOS GbR erwies sich der Konflikt im Direktorium als einer von der Art, die keiner kooperativen Lösung zugeführt werden können. Dies ist für alle Beteiligten schmerzhaft, weil es nur Wege aus der Situation gibt, die den Schaden begrenzen, nicht aber aus der Welt schaffen können.“
Zur Kollegialsitzung des Oberkirchenrats am 10. Dezember 2002 beantragte das Dezernat „Kirche und Bildung“ u. a. Folgendes: Die personelle Zusammensetzung der Direktion der Evangelischen Akademie … wird aufgelöst. Der Geschäftsführende Direktor bleibt im Amt und wird mit dem Neuaufbau der Direktion beauftragt. Für die Direktorinnen B. und H. sowie für Geschäftsführer R.-B. werden andere Möglichkeiten der Verwendung gesucht. Der Oberkirchenrat fasste daraufhin folgenden Beschluss:
  1. Es soll darauf hingewirkt werden, dass die Direktion der Akademie … personell neu und anders zusammengesetzt wird.
  2. Eine personelle Neuordnung soll in der Richtung gesucht werden, wie sie der ursprüngliche und zur Sitzung am 10. Dezember 2002 schriftlich vorgelegte Beschlussantrag des Dezernats „Kirche und Bildung“ vorgesehen hatte.
  3. Die Ordnung der Evangelischen Akademie soll sobald als möglich überarbeitet werden.
Das Kuratorium der Evangelischen Akademie beschloss in seiner 43. Sitzung am 9. Januar 2003 u. a.:
  1. Das Kuratorium teilt die Meinung des Oberkirchenrats, dass eine konstruktive Zusammenarbeit in Direktion und Geschäftsführung nicht mehr gewährleistet ist. Eine Anhörung der Direktion durch das Kuratorium hat dies verdeutlicht.
  2. Ein Neuanfang auf der Ebene der Direktion und Geschäftsführung ist für die positive Weiterentwicklung der Akademie erforderlich. Das Kuratorium trägt deshalb die Entscheidung des Oberkirchenrats vom 10. Dezember 2002 mit. …
Zur Umsetzung des Grundsatzbeschlusses vom 10. Dezember 2002 fasste der Oberkirchenrat am 14. Januar 2003 u. a. folgenden Einzelbeschluss:
Nachdem das Kuratorium der Akademie … den Beschluss des Kollegiums vom 10.12.2002 mitträgt, sollen folgende Schritte in die Wege geleitet werden, die zunächst auf einvernehmliche Lösungen zielen:
Geschäftsführer R.-B. soll vorläufig ins Dezernat 2 des Oberkirchenrats abgeordnet und mit amtsangemessenen Tätigkeiten betraut werden, die möglichst nahe zu seinen bisherigen Aufgaben liegen. Innerhalb eines Jahres soll ihm eine gleichwertige Stelle angeboten werden.
Die Maßnahmen sollen zum frühest möglichen Zeitpunkt wirksam werden, spätestens zum 1. April 2003. …
In der Folgezeit wurden erfolglose Versuche unternommen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, und verschiedene Abordnungsentscheidungen erwogen. Der Kläger wurde hierzu am 19. März 2003 und zuletzt am 18. Juni 2003 gehört.
Mit Verfügung vom 2. Juli 2003 wurde der Kläger mit Wirkung vom 14. Juli 2003 bis einschließlich 13. Juli 2004 zum Evangelischen Oberkirchenrat, Dezernat 2 „Kirche und Bildung“ abgeordnet mit folgender Maßgabe: „Sie nehmen dort Ihrem Amt entsprechende Tätigkeiten, u. a. eine Controlling-Tätigkeit für einen großen Schulhausbau, welcher derzeit von der Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in Großsachsenheim durchgeführt wird und andere Ihrem bisherigen Amt entsprechende Tätigkeiten wahr, wie Untersuchungs- und Koordinierungsaufträge im Zusammenhang mit der Logistik -, Häuser- und Küchenkonzeption für die Standorte landeskirchlicher Einrichtungen und Dienststellen nach Umsetzung der Bildungskonzeption, Klärung insbesondere arbeitsrechtlicher Fragen in der Umsetzungsphase der zentralen Anstellung der Religionspädagoginnen und -pädagogen, sowie den Verkauf oder die anderweitige Verwertung von landeskirchlichen Studierendenwohnheimen.“
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Für die Abordnung liege ein dienstliches Bedürfnis vor. Dieses ergebe sich zum einen aus der Gesamtsituation in der Leitung der Evangelischen Akademie ... . In der Leitungsebene sei ein tiefgreifendes Zerwürfnis entstanden, welches die vorgesehene gemeinsame Leitung der Akademie nicht nur ernsthaft gefährde, sondern nahezu unmöglich mache. Damit bestehe ein dringendes Interesse des Oberkirchenrats an der personellen Neuorganisation der Leitungsebene insgesamt. In der Sitzung des Kuratoriums am 9. Januar 2003 sei nicht die Amtsführung des Klägers oder die Amtsführung eines anderen Mitglieds der Direktion im Form einer konkreten Schuldzuweisung an der entstandenen Situation beanstandet worden, sondern vielmehr die Art und Weise der Zusammenarbeit im Direktorium insgesamt. … Ein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung ergebe sich darüber hinaus aber auch aus der Tatsache, dass die dem Kläger zugedachte Tätigkeit für die Evangelische Landeskirche von ausschlaggebender Bedeutung sei und der Oberkirchenrat ihn als besonders qualifiziert für diese Aufgabe erachte. Die genannten Aufgaben beträfen jeweils zeitlich begrenzte Ereignisse bzw. Vorgänge, die für die Weiterentwicklung und Lösung struktureller Probleme für die Landeskirche von entscheidender Bedeutung seien ... Der Kläger bringe aufgrund seiner Erfahrungen in der Evangelischen Akademie …, aber auch aufgrund seiner vorherigen beruflichen Stationen optimale Voraussetzungen mit. Deshalb könne er insbesondere bei der Controlling-Aufgabe für die Schulstiftung ohne größere Einarbeitung die Funktion wahrnehmen. Bei der Entscheidung seiner Abordnung habe man sich ferner von folgenden Erwägungen leiten lassen: Die Leitung der Akademie … solle durch ein kollegiales Gremium erfolgen, welches seine Leitungsfunktion in gegenseitiger Absprache und Zusammenarbeit ausübe. Die Mitglieder des Direktoriums und der Geschäftsführer seien einander zur laufenden gegenseitigen Information verpflichtet. In wichtigen Fragen und bei Meinungsverschiedenheiten hätten sie gemeinsam zu entscheiden, wobei Einmütigkeit anzustreben sei, auch wenn der Geschäftsführende Direktor letztlich entscheidungsbefugt sei. Dies bedeute, dass die Leitungsebene zur zufriedenstellenden Erfüllung ihrer Aufgabe in jedem Fall aufeinander angewiesen sei. Die Gesamtleitung der Akademie sei dann ernsthaft gefährdet, wenn – aus welchen Gründen auch immer – die Zusammenarbeit in der Leitungsebene aufhöre oder aufzuhören drohe. Dies sei seit geraumer Zeit der Fall gewesen. Aufgrund des unstreitigen Zerwürfnisses sei die Leitung nicht mehr im o. g. Sinne arbeitsfähig. Dies sei ein Versagen der gemeinsamen kollegialen Verantwortung, jenseits individueller Schuld. Der Oberkirchenrat sei zu der Auffassung gelangt, dass das Entstehen des Konflikts nicht einer oder mehreren Personen im Sinne eines schuldhaften Handelns angelastet werden könne, dass aber festgestellt werden könne, dass die Mitglieder der Leitungsebene zu einer Bearbeitung der entstandenen Konflikte nicht in der Lage gewesen seien. Dadurch entstünden zwangsläufig Störungen des gesamten Gefüges, die ein dringendes dienstliches Bedürfnis zur Neustrukturierung der Leitungsebene begründeten. Bei einer Fortsetzung oder gar weiteren Zuspitzung des Konfliktes seien zudem Auswirkungen in Form einer immer stärkeren Eskalation nach innen zu befürchten. Ebenso verhalte es sich mit einer Eskalation im Außenverhältnis. Aus diesen Gründen bestehe ein dringendes dienstliches Bedürfnis für eine weitgehende personelle Neuordnung der Akademieleitung. Dies werde bestätigt durch die einmütige Haltung des Kuratoriums, welches keine Hoffnung mehr auf eine Heilung des Zerwürfnisses hege, sondern eine Beschädigung des gesamten Leitungsgremiums konstatiere. In dieser Situation, die durch einen anhaltenen Vertrauensverlust zwischen Oberkirchenrat, Kuratorium und einzelnen Mitgliedern der Leitungsebene gekennzeichnet sei, könne auch der Kläger nicht mehr glaubwürdig, unvoreingenommen und ohne äußere und innere Vorbehalte seinen Auftrag erfüllen. Auch die Vermittlung von Leitungsentscheidungen nach innen und die Personalverantwortung könne von ihm derzeit in ... nicht mehr ohne Weiteres glaubwürdig wahrgenommen werden. Entstehe eine Gegnerschaft oder Misstrauen zwischen einzelnen Mitgliedern der Leitung einerseits und dem Kuratorium andererseits, sei ein gedeihliches Wirken in der bestehenden Zusammensetzung nicht mehr denkbar, zumal wenn dieser Konflikt sowohl unter den Mitarbeitenden als auch in der weiteren Öffentlichkeit bekannt werde. Diesen Erwägungen stehe insbesondere nicht entgegen, dass gemäß der übereinstimmenden Aussage des Klägers und von Frau B., die Zusammenarbeit im Gremium seit dem Weggang der Direktorin H. wieder reibungslos verlaufe. Das Vertrauen des Kuratoriums und des Oberkirchenrats in die Fähigkeiten der seitherigen Leitungsebene der Akademie einschließlich der Fähigkeiten des Klägers, angemessen mit Konfliktsituationen umzugehen, integrierend bzw. ausgleichend zu wirken und so die Akademie konstruktiv gemeinsam zu leiten, sei nachhaltig erschüttert. Der ausgehandelte Weggang von Frau H. stelle entsprechend den getroffenen Beschlüssen bezüglich personeller Konsequenzen aus dieser Situation daher lediglich den Beginn des beschlossenen grundlegenden Umbaus der Leitungsebene dar, (der) nach den gefassten Beschlüssen eben u. a. die Abordnung des Klägers beinhalte, und könne somit nicht als Anlass für eine Revision der gefassten Beschlüsse dienen. Vielmehr verbleibe es bei dem eingetretenen Vertrauensverlust der maßgebenden Gremien. Unabhängig von Ursache und Schuld bestehe daher ein dienstliches Bedürfnis, dem Kläger eine neue Aufgabe zuzuweisen. Er habe offenbar nicht vermocht, dazu beizutragen, dass die bestehenden Schwierigkeiten bereinigt werden konnten. Der von ihm und weiteren Mitgliedern der Leitungsebene allein angebotene Lösungsweg einer Beendigung der Anstellung von Frau Direktorin H. habe dem Oberkirchenrat der Sachlage und Konfliktbeteiligung der einzelnen Personen nicht angemessen erschienen. Vielmehr habe es die Sachlage erfordert, die gesamte Leitungsebene vollkommen neu zu gestalten, die vorläufige Belassung des Geschäftsführenden Direktors auf seiner Stelle erfolge lediglich, um die Akademie in dieser schwierigen Zeit nicht gänzlich führungslos werden zu lassen, zumal derzeit nicht erkennbar sei, wer dessen Platz einnehmen und die in den vergangenen Jahren durchaus erfolgreiche sachlich-inhaltliche Arbeit fortführen könnte. Insofern habe das Interesse an einem Austausch der gesamten Leitungsebene mit dem Interesse an einer kontinuierlichen Arbeit der Akademie abgewogen werden müssen. Bei dieser Abwägung sei der sachlichen Arbeit des Geschäftsführenden Direktors ein überragendes Gewicht eingeräumt worden. Die Abordnung des Klägers sei daher zum einen geeignet und angemessen, um die personelle Neustrukturierung der Leitungsebene unbelastet von bisherigen Konstellationen und Konflikten umsetzen zu können, nachdem alle anderen Versuche fehlgeschlagen seien. Ein milderes Mittel, etwa eine Umsetzung innerhalb der bisherigen Dienststelle sei nicht möglich. Die Abordnung erscheine darüber hinaus auch sinnvoll und notwendig, um in den zur Übertragung vorgesehenen Aufgabenbereichen für die Zeit der Abordnung finanziellen Schaden von der Landeskirche abzuwenden, da eine andere ebenso geeignete Person für das genannte Aufgabengebiet derzeit nicht zur Verfügung stehe. Den dargelegten dienstlichen Interessen sei der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse an der Beibehaltung des seitherigen Dienstpostens einzuräumen, zumal jeder Beamte mit der Möglichkeit einer Versetzung im Zuständigkeitsbereich des Dienstherrn rechnen müsse. Die Abordnung zum Oberkirchenrat erfordere keine einschneidenden Veränderungen im privaten Bereich, insbesondere sei auch die neue Dienststelle von seinem seitherigen Wohnort aus erreichbar. Eventuelle finanzielle Nachteile würden durch die Gewährung von Trennungsgeld ausgeglichen. Die Abordnung entspreche daher nicht nur dem dargelegten dienstlichen Bedürfnis, sondern sei auch im eigenen wohlverstandenen Interesse des Klägers notwendig, damit er wieder unbelastet und sachlich erfolgreich arbeiten könne.
Am 18. Juli 2003 hat der Kläger Klage erheben lassen. Zur Begründung lässt er im Wesentlichen geltend machen: Es bestehe kein dienstliches Bedürfnis für die verfügte Abordnung. Insbesondere genüge ein dienstliches Bedürfnis für die Wegabordnung nicht, vielmehr sei auch ein dienstliches Bedürfnis für die Zuabordnung zum Dezernat 2 des Evangelischen Oberkirchenrats erforderlich. Aber auch für die Wegabordnung habe es im Zeitpunkt des Erlasses der streitbefangenen Verfügung keinen sachlichen Grund mehr gegeben. Darüber helfe auch nicht eine Begründung wie im Aussetzungsbeschluss des Gerichtes hinweg, die auf hohem Abstraktionsniveau die „Verwaltungspolitik“ bemühe und damit den gebotenen Einstieg in die Niederungen des Verwaltungsgeschehens versperre. Weiter hätte es zur Erledigung der dem Kläger beim Dezernat 2 des Oberkirchenrats zugewiesenen, ständig rückläufigen Tätigkeiten keiner Abordnung bedurft. Diese Tätigkeiten hätte der Kläger, wie schon früher vergleichbar, zusätzlich zu seinem Dienstauftrag bei der Evangelischen Akademie … erledigen können und er sei auch dazu bereit gewesen. Des weiteren sei die (für die Begründung des dienstlichen Bedürfnisses herangezogene) „Verwaltungspolitik“ insoweit sehr erfolgreich gewesen, als es der Beklagten gelungen sei, sich von Frau H. zu trennen und damit Ruhe in der Evangelischen Akademie … zu schaffen. Ganz abgesehen davon, dass sich die Akademie inzwischen auch von Frau B. habe trennen können. Jedenfalls habe es am 2. Juli 2003 kein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung des Klägers mehr gegeben. Denn Spannungen habe es nur seitens der Frau H. gegeben und im Wesentlichen zwischen Frau H. und dem Geschäftsführenden Direktor. Gerade wenn man sich nicht auf Verschuldensfragen einlassen wolle, könne nicht außer Acht gelassen werden, dass jedenfalls aufgetretene Spannungen zwischen Frau H. und vor allem dem Geschäftsführenden Direktor durch den Weggang der Frau H. erledigt gewesen seien. Der Kläger habe weder im Zentrum des Spannungsverhältnisses gestanden, noch sei er in der Lage gewesen, das Verhalten der Frau H. zu verursachen und aufrecht zu erhalten. Aus Sicht des Klägers sei er der Letzte, der sich das Scheitern der Besetzung der Stelle einer Direktorin an der Evangelischen Akademie … (zurechnen) lassen müsste. Es gebe auch keinen Vertrauensverlust von Kuratorium und Oberkirchenrat in den Kläger als Geschäftsführer der Evangelischen Akademie …. Es seien keine Tatsachen vorgetragen worden, die geeignet wären, einen solchen Vertrauensverlust zu begründen. Es reiche auch nicht aus, die Leitung der Evangelischen Akademie …, gleich in welcher Zusammensetzung, unter den Generalverdacht fortdauernden Vertrauensverlustes seitens des Kuratoriums und des Oberkirchenrats zu stellen. Das Kuratorium habe gegenüber dem Kläger keinerlei beamtenrechtliche Befugnisse, es sei nicht Dienstherr. Am 2. Juli 2003 sei die Zusammensetzung der Leitung der Evangelischen Akademie … dergestalt gewesen, dass ein Vertrauensverlust zwischen dem Kläger und jenem Kuratorium oder gar dem Oberkirchenrat nicht habe entstehen können. Der Kläger habe gearbeitet und arbeite mit dem Oberkirchenrat eng und vertrauensvoll zusammen. Im Protokoll der 45. Sitzung des Kuratoriums vom 28. April 2003 sei ausdrücklich hervorgehoben worden, dass die Zusammenarbeit in der augenblicklichen Konstellation der Direktion und Geschäftsstelle außerordentlich positiv funktioniere.
Der Kläger beantragt,
den Abordnungsbescheid der Beklagten vom 2. Juli 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht:
Ein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung sei vorhanden. In der Leitungsebene der Evangelischen Akademie …, der der Kläger, zumindest was die Leitungsaufgabe nach innen angehe, angehöre, sei ein tiefgreifendes Zerwürfnis entstanden, welches die vorgesehene gemeinsame Leitung der Akademie nicht nur ernsthaft gefährdet, sondern nahezu unmöglich gemacht habe. Dadurch sei die erfolgreiche Arbeit der Akademie gefährdet gewesen. Der Oberkirchenrat und das Kuratorium hätten darüber hinaus ihr Vertrauen in eine kompetente, ordnungsgemäße und partnerschaftliche Leitung der Akademie in ihrer damaligen Zusammensetzung verloren. Die mit der Leitung der Akademie nach innen und außen beauftragten Personen seien nicht mehr in der Lage gewesen, bestehende Konflikte und Unverträglichkeiten einer sinnvollen Lösung zuzuführen. Hierfür werde die gesamte Leitung der Akademie in der Verantwortung gesehen. Daher habe ein dringendes Interesse an einer personellen Neuorganisation der Leitungsebene insgesamt bestanden. Es handele sich auch hinsichtlich des Klägers um eine verwaltungspolitische Entscheidung, da dieser die Leitungsaufgabe nach innen mit wahrnehme. Das Vorliegen eines massiven Zerwürfnisses zwischen Direktorin H. und den übrigen Mitgliedern der Leitung sei vom Kläger selbst eingeräumt und auch dargestellt worden. Eine weitere Aufklärung der Vorgänge im Zusammenhang mit der Direktorin H. erübrige sich. Man habe dem Kläger nicht aufgrund eines ihm konkret nachzuweisenden Schuldanteils an den bestehenden Spannungen abgeordnet. Die Ausführungen des Klägers, dass zum Zeitpunkt des Abordnungsbescheids kein dienstliches Bedürfnis an einer Abordnung mehr vorhanden gewesen sei, gingen fehl. Der Vertrauensverlust von Oberkirchenrat und Kuratorium zu den einzelnen Mitgliedern der Akademieleitung – und hier insbesondere dem Kläger – bestehe fort. Richtig sei zwar, dass die Sacharbeit des Klägers Anerkennung erfahre, doch sei er als Mitglied der Leitung der Akademie nicht in der Lage gewesen, eine angemessene Konfliktlösung des ausgebrochenen personellen Zerwürfnisses mit zu bewirken. Dass eine solche Konfliktlösung von Oberkirchenrat und Kuratorium gewollt gewesen sei, sei evident und dem Kläger auch in jedem Stadium der Vorgänge bekannt gewesen. Für die notwendige Neustrukturierung der Leitung sei es notwendig, den Kläger zunächst für die Dauer von einem Jahr abzuordnen, allerdings mit dem Ziel, ihn zu versetzen, sobald eine für ihn geeignete Stelle gefunden sei. Das dienstliche Bedürfnis könne im Einzelfall auch dann gegeben sein, wenn nur eine Wegabordnung eines Beamten aus seiner bisherigen Verwendung dringend geboten sei. Im vorliegenden Fall sei das dienstliche Bedürfnis für die Wegabordnung ganz besonders ausgeprägt. Daneben gebe es aber ein – wenn auch nicht so schwerwiegendes – Interesse an der Zuabordnung des Klägers. Die Zuabordnung sei notwendig gewesen, um die Controlling-Aufgabe beim Schul- und Sporthallenbau in Großsachsenheim, die seit Januar 2003 nicht mehr wahrgenommen worden sei, wieder erfüllen zu können. Zum Zeitpunkt der Abordnungsverfügung hätten dem Oberkirchenrat keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, dass es, wie der Kläger feststelle, keine Fehlentwicklung gegeben habe und auch keine zu befürchten gewesen sei. Hier Klarheit und Sicherheit zu schaffen sei Bestandteil des Auftrags an den Kläger gewesen. Erst nach Vorliegen entsprechend gesicherter Angaben hätten gegebenenfalls geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Die bereits weit fortgeschrittene Baumaßnahme enge hier den möglichen Spielraum ein, erhöhe den Handlungsdruck und mache die Aufgabe damit anspruchsvoller. Aufgabe sei es auch, die laufende Baumaßnahme zu überwachen und im Sinne einer Controlling-Funktion steuernd einzugreifen. Dabei seien beispielsweise regelmäßige Sitzungen des Technischen Ausschusses vorzubereiten, durchzuführen und zu protokollieren. Ebenso sei in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Schulstiftung die Information der Gremien der Schulstiftung zu leisten. Da der Dienstauftrag die Mitwirkung bei der Übernahme der Anstellungsträgerschaft für Religionspädagogen und -pädagoginnen durch die Landeskirche vorgesehen habe, sei wegen des unmittelbar bevorstehenden Stichtages 1. August 2003 daran gedacht gewesen, den Dienstauftrag auf die Klärung insbesondere arbeitsrechtlich schwieriger Fälle zu beschränken. Vor diesem Hintergrund sei die Tätigkeit auch amtsangemessen. Dazuhin sollten dem Kläger andere amtsangemessenen Tätigkeiten nach Zuweisung übertragen werden. Somit seien dem Kläger vorübergehend Tätigkeiten zugewiesen worden, die seinem statusrechtlichen Amt entsprächen. Zwar sei der Kläger vor der Aufnahme einer Aktennotiz vom 19. März 2003 in die Personalakte nicht angehört worden, doch führe dies nicht zu Rechtswidrigkeit der Abordnungsverfügung, da der Kläger über alle entscheidungserheblichen Tatsachen angehört worden sei. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es bestehe ein besonderes Interesse des Dienstherrn daran, dass nach langen erfolglosen Versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu ermöglichen, ein Neuanfang in der Leitung der Evangelischen Akademie ermöglicht werde. Die Abordnung sei auch in Anbetracht der persönlichen Interessen des Klägers nicht unverhältnismäßig. Insbesondere sei keine gleich geeignete, weniger belastende Maßnahme möglich. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass eine Abordnung in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde und möglicherweise in einer vom Kläger nachteiligen Art und Weise gewertet werde. In der vom Oberkirchenrat vorgenommenen Abwägung hätten die dargelegten dienstlichen Interessen überwogen. Die Verfügung sei auch nicht etwa ermessenfehlerhaft, weil sie, wie der Kläger vortragen lasse, nur zu seiner Disziplinierung bestimmt gewesen sei. Abgesehen davon, dass bei der Entscheidung über die Abordnung disziplinäre Erwägungen keine Rolle gespielt hätten, wären solche Überlegungen für die Rechtmäßigkeit der Abordnungsverfügung dann ohne Belang, wenn die Behörde in rechtmäßiger Weise ein – nicht disziplinäres – dienstliches Bedürfnis für die Abordnung feststelle, selbst wenn sie daneben auch eine Bestrafung des Beamten und eine Festigung der Dienstzucht bezwecken würde. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass ein Kirchenbeamter grundsätzlich keinen Anspruch darauf habe, seinen einmal übertragenen Dienstposten beizubehalten. Deshalb könne der Dienstherr auch entscheiden, aus verwaltungspolitischen Gründen einen Kirchenbeamten zukünftig anderweitig einzusetzen. Dabei könne er auch in Kauf nehmen, dass es für eine Übergangszeit Probleme bei der Vertretung der bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben gebe. Dass die Beklagte diese Probleme in Kauf nehme, mache besonders deutlich, wie groß das kirchliche Interesse an einer Neuordnung der Leitung der Evangelischen Akademie … und im Zusammenhang damit der Abordnung des Klägers sei.
Mit Beschluss vom 26. September 2003 hat das Gericht einen Aussetzungsantrag des Klägers gegen die von der Beklagten angeordnete sofortige Vollziehung der Abordnungsverfügung abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte des Aussetzungsverfahrens VG 09/03 Bezug genommen.
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Gründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Abordnungsverfügung vom 2. Juli 2003 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 78 Abs. 1 Kirchliches Verwaltungsgerichtsgesetz – KVwGG –). Das Gericht hält an seiner schon im Aussetzungsverfahren geäußerten Rechtsansicht nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Hauptsacheverfahren fest.
Die mit Wirkung vom 14. Juli 2003 bis einschließlich 13. Juli 2004 erfolgte Abordnung des Klägers zum Evangelischen Oberkirchenrat, Dezernat 2 „Kirche und Bildung“, findet ihre Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 1 des Kirchenbeamtengesetzes. Danach kann ein Kirchenbeamter vorübergehend zu einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit an eine andere Dienststelle seines Dienstherrn … abgeordnet werden, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht. Vor einer von ihm nicht beantragten Abordnung ist der Kirchenbeamte zu hören.
Beachtliche Fehler formeller Art, die zur Aufhebung der Abordnung des Klägers führen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Oberkirchenrat ist für die Abordnungsentscheidung zuständig (vgl. § 4 des Kirchenbeamtengesetzes) und kann das Verwaltungsverfahren von Amts wegen einleiten. Die Mitwirkung weiterer Stellen ist nicht durch Rechtvorschrift vorgeschrieben, insbesondere enthält § 3 der Ordnung der Evangelischen Akademie … nur zusätzliche Regelungen für eine Besetzung der Stelle des Geschäftsführers der Akademie. Dem Kläger ist bei seinen Anhörungen am 19. März 2003 und 18. Juni 2003 Gelegenheit gegeben worden, sich zu der beabsichtigten Abordnung und zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Aufnahme einer Aktennotiz vom 19. März 2003 in die Personalakte des Klägers ein Verstoß gegen die Personalaktenregelung in § 57 Abs. 3 Kirchenbeamtengesetz vorliegt. Denn für die vorliegend zu treffende Entscheidung genügt es, dass er zu den entscheidungserheblichen Abordnungstatsachen gehört worden ist.
Die Abordnungsentscheidung erweist sich aber auch materiell als rechtmäßig.
Es besteht ein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung des Klägers. Zumindest für die Wegabordnung des Klägers aus der Evangelischen Akademie … ist ein solches dienstliches Bedürfnis gegeben. Ein dienstliches Bedürfnis auch für die Zuabordnung zum Dezernat 2 des Evangelischen Oberkirchenrats ist für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht zwingend notwendig. Insoweit genügt es, dass kein Ermessensfehler vorliegt.
Das dienstliche Bedürfnis wird grundsätzlich als unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum verstanden. Allerdings kann bei Vorfragen, die das dienstliche Bedürfnis prägen, dem Dienstherrn für verwaltungspolitische und sonstige wertende Einschätzungen ein Beurteilungsspielraum zustehen (sogenannte Faktorenlehre: vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 1967, BVerwGE 26, 65; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 7, Nr. 42; Schmidt-Aßmann. in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 42. Lfg, Februar 2003, Art. 19, Nr. 202).
So hat das Bundesverwaltungsgericht in dem am 25. Januar 1967 entschiedenen Fall darauf hingewiesen, dass es sich bei der Besetzung der Posten von Schulräten und Schulleitern um wichtige verwaltungspolitische Entscheidungen handelt, und dass deshalb das Gericht schon in der Bedürfnisstation ohne weitere Prüfung (die einen Eingriff in das verwaltungspolitische Ermessen bedeutet hätte) davon ausgehen kann, dass bei einer etwa erforderlichen Trennung von Streitbeteiligten das dienstliche Bedürfnis für die Versetzung gerade der Klägerin bejaht werden konnte, die Behörde also in diesem Zusammenhang nicht auf die Möglichkeit einer Versetzung des Rektors und des Schulrats als Alternative verwiesen werden durfte; denn die Entscheidung der Behörde, wie sie derartige leitende Stellen besetzen und besetzt halten will, hat das Gericht grundsätzlich zu respektieren.
Bei der vom Evangelischen Oberkirchenrat beschlossenen personellen Neuorganisation der Leitungsebene der Evangelischen Akademie … handelt es sich um eine wichtige verwaltungspolitische Entscheidung im vorgenannten Sinn. Dies gilt auch hinsichtlich des Klägers als Geschäftsführer der Evangelischen Akademie. Gemäß § 3 Abs. 1 der Ordnung der Evangelischen Akademie … wird die Akademie zwar nur vom Geschäftsführenden Direktor und bis zu zwei weiteren Direktoren geleitet, der Kläger als Geschäftsführer gehört demnach nicht zu dieser Leitungsebene. Entscheidend ist jedoch, dass gemäß § 3 Abs. 3 dieser Ordnung zumindest die Leitungsaufgabe nach innen vom Geschäftsführenden Direktor, den weiteren Direktoren und dem Geschäftsführer gemeinsam wahrgenommen wird. Sie übernehmen jeweils die Verantwortung für bestimmte Aufgabenbereiche nach Maßgabe der Geschäftsordnung. Im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs sind sie weisungsbefugt gegenüber den ihnen zugeordneten Mitarbeitern und pflegen die notwendigen Außenkontakte. Sie sind zur laufenden gegenseitigen Information verpflichtet. In wichtigen Fragen und bei Meinungsverschiedenheiten wird gemeinsam entschieden. Dabei ist Einmütigkeit anzustreben. Wird sie nicht erreicht, entscheidet der Geschäftsführende Direktor.
Die Entscheidung des Oberkirchenrats für eine Neuorganisation der gesamten Leitung der Evangelischen Akademie … ist in der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben und mit dem Hinweis auf das entstandene tiefgreifende Zerwürfnis begründet worden.
Diese verwaltungspolitische Entscheidung lässt schon keine Ermessensfehler erkennen, sodass dahin gestellt bleiben kann, inwieweit dem Kläger hier ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht. Der Kläger hält letztlich eine andere Ermessensentscheidung für die Neuorganisation der Leitung der Evangelischen Akademie für zweckmäßig, dies ist aber für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Es ist insbesondere nicht zu erkennen, dass der Oberkirchenrat nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Abwägung einbezogen oder andererseits sachfremde Gesichtspunkte einbezogen hat. Zulässigerweise hat er dabei nicht auf die Schuldfrage abgestellt, sondern seine verwaltungspolitische Entscheidung auf die von ihm für nicht mehr geeignet gehaltene Art und Weise der Zusammenarbeit im Direktorium insgesamt gestützt. Ergänzend kommt hinzu, dass das Kuratorium der Evangelischen Akademie …, mit dem die Akademieleitung gemäß den §§ 3 und 5 der Ordnung zusammenzuarbeiten hat, die personelle Neuorganisation ebenfalls will. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Kuratorium bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Abordnungsverfügung einen anderen Willen gebildet hätte und etwa eine Lösung, bei der nur die Direktorin H. die Akademie verlässt, für ausreichend hält. Auch aus dem vom Kläger angezogenen Protokoll vom 28. April 2003 der 45. Sitzung des Kuratoriums der Evangelischen Akademie ... ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Eine weitere Aufklärung der Vorgänge, die zum Zerwürfnis in der Leitung geführt haben, ist deshalb nicht geboten. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung etwa missbräuchlich deshalb getroffen wurde, um den Kläger gezielt abordnen zu könne (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. Februar 1992, BVerwGE 93, 232).
Schließlich lässt auch die weiter getroffene Entscheidung des Oberkirchenrats, den geschäftsführenden Direktor trotz etwaiger eigener Anteile am Versagen der gemeinsamen kollegialen Verantwortung in der Leitung der Evangelischen Akademie … zu belassen, die Neuorganisationsentscheidung noch nicht rechtswidrig werden. Denn auch insoweit handelt es sich um eine vom Gericht grundsätzlich hinzunehmende verwaltungspolitische Entscheidung, die mit dem Erfordernis eines Mindestmaßes an Kontinuität noch hinreichend begründet ist.
Die unmittelbar streitgegenständliche, aufgrund des dienstlichen Bedürfnisses getroffene Ermessensentscheidung über die Abordnung des Klägers lässt schließlich auch in Anbetracht der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß § 46 Kirchenbeamtengesetz keine Rechtsfehler erkennen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird nicht verletzt, insbesondere kommt keine weniger belastende, aber im Wesentlichen gleich geeignete Maßnahme in Betracht. Zwar ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, dass bei einem Dauerspannungsverhältnis in der Ermessensstation auch das Verschulden eines der Streitbeteiligten zu berücksichtigen ist. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die im Hinblick auf die Lösung eines Spannungsverhältnisses durch Wegversetzung eines Spannungsbeteiligten entwickelte Rechtsprechung überhaupt anwendbar wäre. Denn es kann schon nicht festgestellt werden, dass bei dem entstandenen Spannungsverhältnis im vorliegenden Fall der Kläger wesentlich nur Opfer schuldhaften Verhaltens anderer Leitungsmitglieder geworden ist, insbesondere dass das Spannungsverhältnis allein durch das Verhalten der Direktorin Frau H. verursacht und aufrechterhalten worden ist.
Bei der Bestimmung der Rechtsfolge der Zuabordnung sind die weiteren rechtlichen Vorgaben des § 15 Kirchenbeamtengesetz beachtet worden. Es handelt sich um eine vorübergehende (Abs. 1) Abordnung zu einer anderen Dienststelle des Dienstherrn, deren Dauer ein Jahr nicht übersteigt (Abs. 2). Dass es sich um eine versetzungsvorbereitende Abordnung handeln dürfte, steht der rechtlichen Qualifizierung als „vorübergehend“ nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Abordnung selbst als Dauermaßnahme gedacht ist, um die bei einer Versetzung erforderliche Zuweisung eines gleichwertigen Amtes gemäß § 16 Kirchenbeamtengesetz zu umgehen.
Schließlich ist auch die dem Kläger vorübergehend zugewiesene Tätigkeit rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit ist nicht „ein gleichwertiges Amt“ zu fordern wie bei einer Versetzung (§ 16 Kirchenbeamtengesetz), sondern nur eine „seinem Amt entsprechende Tätigkeit“ (§ 15 Abs. 1 Kirchenbeamtengesetz). Erforderlich ist, dass der dem Kläger zugewiesene Tätigkeitsbereich Aufgaben mitenthält, die diesen als seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entsprechend kennzeichnen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 1975, ZBR 1976, 154).
Die in der Abordnungsverfügung genannten Tätigkeiten, wie eine Controlling-Tätigkeit für einen großen Schulhausbau, Untersuchungs- und Koordinierungsaufträge im Zusammenhang mit der Logistik, Häuser- und Küchenkonzeption für die Standorte landeskirchlicher Einrichtungen und Dienststellen nach Umsetzung der Bildungskonzeption, Klärung insbesondere arbeitsrechtlicher Fragen in der Umsetzungsphase der zentralen Anstellung der Religionspädagoginnen und -pädagogen sowie der Verkauf und die anderweitige Verwertung von landeskirchlichen Studierendenwohnheimen, stellen insgesamt Tätigkeiten dar, die dem statusrechtlichen Amt eines Kirchenoberverwaltungsrates (Besoldungsgruppe A 14), auch unter der Berücksichtigung der bisher innegehabten Funktion als Geschäftsführer, zumindest noch entsprechen. In der mündlichen Verhandlung ist Art und Umfang der vom Kläger seit der Abordnung an den Evangelischen Oberkirchenrat ausgeführten Tätigkeiten im Einzelnen erörtert worden. Hierbei haben sich zwar Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die nun ausgeübten Tätigkeiten die Fähigkeiten und die Arbeitskraft des Klägers möglicherweise nicht vollständig ausschöpfen. Aber weder für den Zeitpunkt der Abordnungsverfügung noch für die Zeit danach vermag das Gericht zu erkennen, dass Art und Ausmaß der Tätigkeiten des Klägers so geringwertig sind, dass es sich nicht mehr um eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Schlatter
gez. Kohler
gez. Dr. Deuschle